Viele Schüler*innen, die nach der 4. Klasse eine IGS besuchen wollen, werden abgewiesen, da es im Landkreis Harburg viel zu wenige Plätze gibt. Wir beantragen deshalb die kurzfristige Umwandlung der Oberschulen in Hanstedt, Hollenstedt, Jesteburg und Rosengarten in Gesamtschulen. Diese Schule für alle sichert die Schulstandorte, respektiert den Elternwillen und spart Ressourcen durch kürzere Schulwege.
Unsere Mitglieder im Kreisschulausschuss Dr. Erhard Schäfer und Elisabeth Meinhold-Engbers haben deshalb folgenden Antrag gestellt:
- Der Landkreis stellt in seiner Eigenschaft als Schulträger beim Regionalen Landesamt für Schule und Bildung Lüneburg fristgemäß bis zum 31.10.2021 den Antrag die Oberschulen in Hanstedt, Hollenstedt, Jesteburg und Rosengarten mit Wirkung zum Beginn des Schuljahres 2022/23 in Gesamtschulen umzuwandeln.
- Für die übrigen Standorte mit weiterführenden Schulen bereitet der Landkreis in Zusammenarbeit und mit Zustimmung der Schulen und Eltern die Umwandlung in Gesamtschulen mit dem Ziel vor, dass es neben den Gymnasien (wie in den Nachbarländern der Metropolregion) flächendeckend einen gleichwertigen Bildungsweg gibt, der die Schulstandorte sichert und stärkt und für die Schülerinnen und Schüler alle Bildungschancen offenhält.
Begründung
Für eine zügige Umwandlung der Oberschulen in Hanstedt, Hollenstedt, Jesteburg und Rosengarten in Gesamtschulen sprechen v.a. die folgenden Gründe:
- Entlastung der IGS Buchholz
- Sicherung der Schulstandorte in den Gemeinden durch die Vermeidung einer übermäßigen Schüler-Abwanderung nach der vierten Klasse
- Respektierung des Elternwillens bei der Wahl der weiterführenden Schulform.
Seit der Einführung der Gesamtschulen im Landkreis Harburg, zuerst 2010 in Buchholz, dann 2012 in Winsen und 2014 in Seevetal findet diese Schulform großen Zuspruch bei den Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern. Das gilt ganz besonders für die IGS in Buchholz, die seit ihrem Bestehen jedes Jahr weit mehr Anmeldungen erhält als Plätze zur Verfügung stehen. So wurden für den 5. Jahrgang des Schuljahres 2021/22 341 Schülerinnen und Schüler angemeldet aber nur 145 wegen der Begrenzung auf eine Fünfzügigkeit aufgenommen und dementsprechend 196 abgelehnt. Rund 62% der diesjährigen Anmeldungen stammen aus den umliegenden Gemeinden. Dies hat u.a. zur Folge, dass von den Schülerinnen und Schülern, die in Buchholz wohnen, nur 50 aufgenommen wurden, während 78 abgelehnt wurden.
Der Überlastung des IGS-Standorts Buchholz steht eine übermäßige Abwanderung von Schülerinnen und Schülern aus den umliegenden Gemeinden gegenüber, d.h. Überlastung einerseits und Abwanderung andererseits sind zwei Seiten einer Medaille. Von einer übermäßigen Abwanderung nach der Grundschule sind im Landkreis Harburg insbesondere die solitären OBS-Standorte betroffen. Das sind Hanstedt, Hollenstedt, Jesteburg, Rosengarten und Stelle. Hier gibt es eine weit überdurchschnittliche Abwanderung. Auf der Basis der vorläufigen Schülerzahlen (Stand Juni 2021) liegt sie in Hanstedt bei 52,7%, in Hollenstedt bei 76,7%, in Jesteburg bei 85%, in Rosengarten bei 68,4% und in Stelle bei 67%. Entsprechend reduziert sich die Zügigkeit der Oberschulen in diesen Gemeinden. In der Tendenz kann dies zu einer Gefährdung des Schulstandorts der Sekundarstufe führen, obwohl die Schülerzahlen in den zugehörigen Grundschulen ein hinreichendes Potenzial für eine 3-4 zügige Sekundarstufe I in diesen Gemeinden bieten und damit den Schulstandort auf Dauer sichern können. Übermäßige Abwanderung von Schülerinnen und Schülern aus den Gemeinden in die Mittelzentren führt zudem zu möglichen Leerständen von Schulgebäuden in den Gemeinden einerseits und aufwändigen Neu- und Zubauten in den Mittelzentren andererseits. Hinzu kommt auch ein erheblicher Mehraufwand beim Schülertransport. Eine Sicherung und Stärkung der Schulstandorte in der Fläche entlastet damit auch den Landkreis als Schulträger und macht Mittel frei, die für die sächliche Ausstattung der Schulen (Digitalisierung, Raumbelüftung) sinnvoll und notwendig sind.
Neben der Entlastung der IGS-Standorte – hier v.a. Buchholz – und der Sicherung und Stärkung der Standorte in der Fläche ist auch die Respektierung des Elternwillens bei der Wahl der Schulform ein wichtiger Grund für die Umwandlung von Oberschulen in Gesamtschulen. Dieses Wahlrecht, das die Eltern nach dem niedersächsischen Schulgesetz haben, findet keine Beachtung, wenn es wie im Fall der IGS Buchholz über mehrere Jahre mehr Ablehnungen als Aufnahmen gibt. Die Tatsache, dass so viele Eltern über Jahre in so hoher Zahl die Aufnahme in die IGS beantragen, obwohl sie wissen, dass sie sich bei dem hier geltenden Aufnahmeverfahren auf eine Art Lotteriespiel einlassen, lässt darauf schließen, dass es einen wichtigen Grund für diese Entscheidung geben muss und dass die Zahl der Aufnahmeanträge viel höher wäre, wenn die Eltern die Gewissheit hätten, dass der Antrag eine hohe Aussicht auf Erfolg hätte. Dieser Grund ist, wie immer wieder von den Eltern zu hören ist, dass sie für ihre Kinder ein hochwertiges Bildungsangebot wünschen, das für den späteren Berufsweg möglichst alle Optionen offenhält. Viele Eltern wählen deshalb das Gymnasium. Das ist aber für viele Kinder nicht die geeignete Schulform, weil sie zu früh mit erhöhten Anforderungen konfrontiert werden. Binnendifferenzierung statt Selektion und gemeinsames Lernen sind für sie der bessere Weg. Es geht also darum neben dem Gymnasium flächendeckend eine Schulform zu etablieren, die für alle offen und damit auch wirklich inklusiv ist und die wie das Gymnasium alle Bildungsoptionen offenhält. Das ist die Gesamtschule. Das sehen viele Eltern so und wählen deshalb diese Schulform auch dann, wenn sie schlechte Aussichten auf eine Aufnahme haben. Viele Eltern wünschen sich diese Schulform aber auch möglichst wohnortnah. Das haben die Diskussionen und Umfragen in der Elternschaft in Hanstedt, Hollenstedt, Jesteburg und Rosengarten deutlich gezeigt. So haben im Juli dieses Jahres über 90% der Eltern von Grundschulkindern in der Samtgemeinde Hollenstedt für eine Gesamtschule votiert.
Für ein gemeinsames und wohnortnahes Lernen, wo immer die Eltern und die betroffenen Schulen das wollen, sollte daher der Landkreis als Schulträger den Weg öffnen und beim Regionalen Landesamt für Schule und Bildung die Umwandlung der Oberschulen in Gesamtschulen beantragen. Für Hanstedt, Hollenstedt, Jesteburg und Rosengarten wurde dieser Wille offen und deutlich bekundet. Deshalb ist für diese Standorte eine unverzügliche Antragstellung sinnvoll und richtig, damit die Gesamtschule ihren Betrieb zum Schuljahr 2022/23 aufnehmen kann. Für die weiteren Standorte im Landkreis sollte der Antrag auf Umwandlung zur Gesamtschule gestellt werden, sofern die jeweilige Schule und die Eltern dies wünschen.
Schulausschuss 21.9.2021
Kreistag 6.10.2021